Landgericht Wiesbaden: Auszahlungspflicht für Banken nach ergebnislosem Verstreichen der Drei-Tages-Frist nach geldwäscherechtlicher Verdachtsmeldung

Immer häufiger kommt es zu Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz (GwG) durch Banken. Diese haben die gesetzliche Pflicht, verdächtige Transaktionen zu melden, wenn sie davon ausgehen, dass diese zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung verwendet werden. Dies betrifft häufig Fälle mit Auslandsbezug. Während die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, auch Financial Intelligence Unit (FIU) genannt, im Jahr 2012 noch 15.496 Verdachtsmeldungen verzeichnete, waren es im Jahr 2022 bereits 337.186.[1] Die Gründe für diese Tendenz sind zum Teil dem Gesetz zu entnehmen. Während die Bank bei unrechtmäßig erstatteten Verdachtsmeldungen nur für Schäden haftet, wenn die Meldung vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahr erstattet wurde, kann das gesetzlich vorgesehene Bussgeld bei Nichtmeldung schwerwiegender, wiederholter oder systematischer Verstösse bis zu zehn Prozent des Gesamtumsatzes, bei Einzelfällen bis zu EUR 150.000 pro Verstoss betragen. Im Einzelfall kann bei Nichtmeldung auch der Geldwäschebeauftragte der Bank persönlich in Haftung genommen werden.[2] Die Anforderungen an eine Verdachtsmeldung sind nicht hoch, sodass Banken aufgrund dieser Rechtslage eher dazu tendieren übervorsichtig zu agieren und eine Verdachtsmeldung abzugeben. Da es nach einer solchen Meldung zu einer zeitweisen Kontensperrung kommt, ergeben sich hieraus Risikopotenziale des Kontoinhabers. In einem Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 11. Januar 2024 (Az.: 3 O 238/23) stand die Legitimität einer Auszahlungsverweigerung einer Bank nach Erstattung einer ergebnislosen Verdachtsmeldung in Frage. Das Urteil zeigt auf, dass Banken im Anschluss einer Verdachtsmeldung nach Ablauf einer Drei-Tages-Frist die Auszahlung nicht verweigern dürfen, wenn die FIU oder die Staatsanwaltschaft nicht innerhalb dieser Frist die Auszahlung untersagt.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Privatperson, unterhielt seit dem Jahr 2008 ein Girokonto bei der beklagten Bank. Bei der Kontoeröffnung informierte sie die Bank über mögliche hohe Zahlungseingänge aus einer Erbschaft, die im sechsstelligen Bereich liegen könnten. Bis zum 12. Juli 2023 wies das Konto überwiegend regelmäßige Zahlungseingänge aus Erwerbstätigkeit auf, die sich auf etwa EUR 2.000 monatlich beliefen.

Am 12. und 17. Juli 2023 verzeichnete das Konto der Klägerin zwei Zahlungseingänge, die das Guthaben zunächst um EUR 388.367,77 und anschließend um weitere EUR 683.569,29 erhöhten. Diese Transaktionen veranlassten die beklagte Bank dazu, eine geldwäscherechtliche Verdachtsmeldung an die FIU zu senden und das Konto der Klägerin vorübergehend zu sperren. Eine Reaktion der FIU oder der Staatsanwaltschaft blieb aus. Trotz der Bemühungen der Klägerin, die Herkunft der Gelder zu erklären verweigerte die Bank die Auszahlung.

Kontosperre unrechtmässig bei geklärtem Sachverhalt

Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte nicht berechtigt war, die Gelder der Klägerin ohne Weiteres über Wochen hinweg zurückzuhalten. Bereits die Verdachtsmeldung sei nicht rechtmässig gewesen, da der Sachverhalt geklärt gewesen sei. Die Klägerin hatte bereits bei Kontoeröffnung mitgeteilt, dass in der Zukunft grössere Beträge auf ihr Konto überwiesen werden könnten. Dass in der Zwischenzeit eher kleinere Summen auf dem Konto eingingen, könne nicht automatisch dazu führen, dass der Sachverhalt als verdächtig gelte.

Auszahlungspflicht nach Ablauf der Drei-Tages-Frist

Selbst bei unterstellter Rechtmässigkeit der Verdachtsmeldung, hätte die Bank die Auszahlung nach Ablauf einer Drei-Tages-Frist ausführen müssen. Banken haben nach § 43 Abs. 1 GwG verdächtige Sachverhalte bei der FIU zu melden. Nach § 46 Abs. 1 Nr. 2 GwG darf eine Transaktion nach einer solchen Verdachtsmeldung frühestens durchgeführt werden, wenn diese nicht von der FIU oder der Staatsanwaltschaft innerhalb von drei Werktagen nach der Verdachtsmeldung untersagt wird. Eine solche Untersagung erfolgte hier unstreitig nicht. Das Gericht stellte sodann klar, dass sich zwar aus dem Wortlaut der Norm selbst keine Pflicht zur Durchführung der Transaktion nach Ablauf der Frist ergebe, aus dem Sinn der Norm könne sich aber nichts anderes ergeben, sodass nach Ablauf der Frist das Bankinstitut verpflichtet ist, die beauftragte Transaktion durchzuführen.

Praktische Erwägungen und Fazit

Der dem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt verdeutlicht, dass eine Verdachtsmeldung selbst dann nicht auszuschliessen ist, wenn die Bank vor dem Geldeingang über die Mittelherkunft informiert wurde. In einem solchen Fall ist problematisch, dass aufgrund des in § 47 GwG geregelten Verbots der Informationsweitergabe der betroffene Kontoinhaber nicht in Erfahrung bringen kann, welche Gründe für die Kontosperrung gegeben sind. Dieser kann nur erahnen, dass ein Transaktionsverbot aufgrund einer vorherigen als verdächtig eingestuften Transaktion erteilt wurde. Dem betroffenen Kontoinhaber ist, nach vergeblicher Aufforderung der Bank, dringend die zeitnahe Einholung von Rechtsrat und in der Folge ggf. auch die Einreichung einer Klage zu empfehlen. In Notfällen, bei denen sonst eine Existenzgefährdung besteht, kann es sinnvoll sein, die Einreichung einer einstweiligen Verfügung zu erwägen. Führt die Transaktionssperre zur anhaltenden Zahlungsfähigkeit über drei Wochen, ist das Vertretungsorgan einer Gesellschaft auch zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet. Aufgrund der Schwere des Eingriffs ist trotz des Urteils weiterhin zu eindringlich zu empfehlen der Bank durch vorherige Ankündigung und Erklärung anstehende unübliche Transaktionen, insbesondere solche mit Auslandsbezug, anzukündigen. Sollte es anschliessend dennoch zur Kontosperrung kommen, muss zügig Rechtsrat eingeholt werden, um Schäden abzuwenden. Gerne stehen wir Ihnen zur effektiven Geltendmachung Ihrer Rechte zur Seite.

[1] Financial Intelligence Unit Jahresbericht 2022, S. 14.

[2] Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 10. April 2018, Az.: 2 Ss-OWi 1059/17.

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