Pontinova verbindet nahtlos schweizerisches und deutsches Rechtsverständnis. Unsere einzigartige Stärke liegt in der ganzheitlichen Betrachtung beider Rechtssysteme, statt sie isoliert zu betrachten. Mit Rechtsanwälten, die sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz zugelassen sind, bieten wir grenzüberschreitende Expertise. Dies ermöglicht uns, für jede individuelle Situation maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, die alle relevanten rechtlichen Aspekte beider Länder berücksichtigen.
Unser Expertenteam bei Pontinova hat eine detaillierte Broschüre erstellt, der Ihnen bei allen wichtigen Aspekten Ihres Umzugs Orientierung bietet. Eines der zentralen Themen ist das zu beachtende anzuwendende Erbrecht nach dem Umzug.
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Durch den Umzug in die Schweiz kann sich das im Todesfall anwendbare Recht ändern.
Grundsätze
Nach Schweizer IPR ist das Recht des Staates anwendbar, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz hatte (Art. 90 Abs. 1 IPRG). Nach den Bestimmungen der in Deutschland anwendbaren EU-Erbrechtsverordnung (ErbVO) bestimmt sich das im Erbfall anwendbare Recht nach dem Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes des Erblassers. Nach einem Umzug von Deutschland in die Schweiz bestimmt sich der Nachlass somit grundsätzlich nach Schweizer Recht.
Gibt es eine Nachlassplanung, die nach deutschem Recht strukturiert wurde, ist es ratsam zu prüfen, ob diese auch nach Schweizer Recht wirksam ist, in der Schweiz anerkannt wird und durchsetzbar ist.
Ausnahmen
Von der Anwendbarkeit des Schweizer Rechts bestehen einige Ausnahmen. So bestimmt sich beispielsweise die Rechtsnachfolge für Anteile an einer Gesellschaft mit Sitz in Deutschland nach deutschem Recht. Insoweit geht das auf die Gesellschaft anwendbare Recht dem auf den Nachlass anwendbaren Recht vor.
Sind in Gesellschaftsverträgen Bestimmungen hinsichtlich der Nachfolge im Todesfall enthalten (z. B. Eintrittsklauseln, Nachfolgeklauseln) sollte geprüft werden, ob diese auch nach dem Umzug wirksam umgesetzt werden können.
Rechtswahl
Zudem besteht für ausländische Staatsangehörige mit letztem Wohnsitz in der Schweiz die Möglichkeit, den Nachlass mittels einer Rechtswahl dem Staat ihres Heimatlandes zu unterstellen. Deutsche Staatsangehörige, die in der Schweiz wohnhaft sind, haben somit die Möglichkeit, ihren Nachlass weiterhin deutschem Recht zu unterstellen. Es sollte im Einzelfall genau geprüft werden, welche Rechtsordnung(en) zur Anwendung gelangt und ob insoweit Gestaltungsbedarf, beispielsweise in Form einer Rechtswahl, besteht. Sind verschiedene Rechtsordnungen anwendbar, kann dies in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Dies gilt insbesondere auch, wenn sich das Ehegüterrecht und das Erbrecht nach verschiedenen Rechtsordnungen bestimmt. Möchte man im Testament oder Erbvertrag eine Rechtswahl treffen, sollten aber auch immer die behördlichen und gerichtlichen Zuständigkeiten im Blick behalten werden. Sind beispielsweise die Schweizer Behörden für die Abwicklung des Erbfalles zuständig, sollte zumindest geprüft werden, wie sinnvoll eine Rechtswahl des deutschen Rechts ist.
Behördliche und gerichtliche Zuständigkeiten
Nach Schweizer Recht sind gem. Art. 86 IPRG grundsätzlich die Behörden am letzten Wohnort des Erblassers für den Nachlass zuständig. Bei einem Zuzug in die Schweiz besteht also eine Zuständigkeit von Schweizer Behörden. Zugleich kann aber eine konkurrierende Zuständigkeit von deutschen Behörden und/ oder Gerichten bestehen. Zwar sind gem. Art 4 ErbVO diejenigen Gerichte des Mitgliedstaates zuständig, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Jedoch besteht nach Art. 10 ErbVO eine subsidiäre Zuständigkeit, wenn der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedsstaat hat. In diesem Fall sind die Gerichte des Mitgliedsstaates für den gesamten Nachlass zuständig, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes besass, wenn sich in diesem Staat Nachlassvermögen befindet. Zieht also ein deutscher Staatsangehöriger in die Schweiz, der zum Zeitpunkt seines Todes noch über zum Nachlass gehörende Vermögen in Deutschland verfügt, besteht eine Zuständigkeit der deutschen Gerichte.
Diese gegebenenfalls bestehenden konkurrierenden Zuständigkeiten sollten bei einer etwaigen Rechtswahl und der Nachlassplanung insgesamt berücksichtigt werden. Durch eine vorausschauende Planung können Schwierigkeiten bei der Abwicklung des Nachlasses vermieden werden.
Teilweise bestehen erhebliche Unterschiede zwischen dem deutschen und dem Schweizer Erbrecht. Es ist daher sinnvoll, sich mit den nachfolgenden Unterschieden vor Umzug und im Hinblick auf eine (grenzüberschreitende) Nachlassplanung auseinanderzusetzen.
Erbrecht des Ehegatten
Ist der Erblasser verheiratet und lebt im Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung, findet nach Schweizer Recht zunächst eine güterrechtliche Auseinandersetzung statt, bevor der Nachlass aufgeteilt wird. Das deutsche Recht kennt eine solche güterrechtliche Auseinandersetzung im Todesfall nicht. Leben die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, erfolgt ein pauschaler Zugewinnausgleich. Der Erbteil des überlebenden Ehegatten wird pauschal um ¼ erhöht. Welches Vermögen letztlich in den Nachlass fällt, ist also unter anderem auch davon abhängig, welches Recht im Todesfall anwendbar ist. Im Fall der Nachlassplanung sollte also genau geprüft werden, welches Recht den Interessen des Erblassers am besten gerecht wird.
Gesetzliche Erbfolge
Verfügt der Erblasser nicht über ein Testament und wurde kein Erbvertrag errichtet, gilt sowohl im deutschen als auch im Schweizer Recht die gesetzliche Erbfolge. Nach Schweizer Recht erben, soweit vorhanden, der Ehegatte und die Nachkommen des Erblassers jeweils die Hälfte des Nachlasses (Art. 462 ZGB). Nach deutschem Recht steht dem Ehegatten, sofern der Erblasser Nachkommen hat, ¼ des Nachlasses und den Nachkommen ¾ des Nachlasses zu (§ 1931 BGB). Wie gerade dargelegt findet zudem ein pauschalisierter Zugewinnausgleich statt (§ 1371 BGB). Dem Ehegatten steht nochmals ¼ des Nachlasses zu. Letztlich sind daher sowohl nach Schweizer Recht als auch nach deutschem Recht die Ehegatten und die Nachkommen jeweils zu ½ am Erbe berechtigt. Wie gerade beschrieben, gibt es aber Unterschiede, was zum Vermögen des Nachlasses zu zählen ist.
Gemeinschaftliches Testament / Erbvertrag
Zudem kennt das Schweizer Recht beispielsweise kein gemeinschaftliches Testament. Ein Testament ist nach Schweizer Recht eigenhändig zu errichten und zu unterschreiben. Gemeinschaftliche Testamente, die nach deutschem Recht wirksam errichtet wurden, indem sie von einem Ehegatten handschriftlich verfasst und von beiden Ehegatten unterschrieben wurden, werden in der Schweiz daher voraussichtlich nicht anerkannt. In der Schweiz wird bei Ehegatten regelmässig ein Erbvertrag als Gestaltungsinstrument gewählt. Besteht ein solches gemeinschaftliches Testament, sollte also dringend der Handlungsbedarf geprüft werden. Hierbei sollte auch in Betracht gezogen werden, dass die deutsche oder ggfs. weitere Rechtsordnungen zu berücksichtigen sind. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Erben in anderen Ländern leben oder Vermögensgegenstände, die zur Erbmasse gehören, in anderen Ländern belegen sind.
Pflichtteil
Nach der Erbrechtsrevision in der Schweiz, die zum 1.1.2023 in Kraft getreten ist, wurde der Pflichtteil auf ½ des gesetzlichen Erbteils reduziert. Die Pflichtteilshöhe stimmt somit mit dem deutschen Recht überein. Wie oben beschrieben können aber Unterschiede dahingehend bestehen, welches Vermögen in die Erbmasse fällt. Insoweit kann die tatsächliche Höhe des Pflichtteils nach deutschem und Schweizer Recht variieren. Dies sollte bei einer Nachlassgestaltung bedacht werden.
Vollmachten über den Tod hinaus
Bestehen nach deutschem Recht Vollmachten, die für den Fall der Handlungsunfähigkeit ausgestellt wurden und über den Tod des Vollmachtgebers hinaus wirksam sein sollen, sollten diese bei einem Umzug in die Schweiz ebenfalls geprüft werden, da es fraglich ist, ob diese in der Schweiz anerkannt werden. Aufgrund von höchstrichterlicher Rechtsprechung in der Schweiz ist die Ausübung solcher Vollmachten problematisch. Bei einem Zuzug in die Schweiz sind daher ggfs. ergänzend Vorsorgeaufträge und –vollmachten zu erstellen.
Wie sich bereits aus diesem kurzen Überblick ergibt, scheinen das Schweizer und das deutsche Recht auf den ersten Blick ähnlich zu sein. Im Detail bestehen aber erhebliche Unterschiede. Eine etwaige Nachlassplanung sollte daher die Rechtsfolgen beider Rechtsordnungen genauestens im Blick behalten.